Ein Beutel voll Jute

Der Jutebeutel. Modisches Accessoire, politisches Statement, praktischer Begleiter. Kaum ein Massenprodukt hat so einen Wandel durchlaufen. Das Öko-Image war einmal, die Hipster haben vor Jahren die Beutel zurück in die Modeszene gebracht und seitdem sieht man die mit Sprüchen, Symbolen oder künstlerischen Motiven bedruckten und bemalten Beutel täglich. Allein auf Dawanda z.B. findet man über 6500 Jutebeutel. Ja, ich besitze diverse, weil sie einfach praktisch sind, aber auch, weil schon damit eine gewisse Überzeugung oder Meinung zum Ausdruck gebracht werden kann. Von „Music was my first love“ über den grafischen Fuchs und „Bitte nicht schubsen, ich hab einen Joghurt im Beutel“ – wobei das seltenst der Fall ist – eher Obst oder Gemüse. Wenn man nicht Freund solcher Sprüche auf Shirts ist, ist es einfacher, sie auf einem Beutel mit sich herum zu tragen, denn den kann man auch leichter wieder ablegen. Und doch sind sie für die Momente, in denen sie benutzt werden, sichtbarer. Ein Shirt verschwindet unter einer Jacke, den Beutel trage ich darüber. Man erkennt den Fan, den Nerd, vielleicht auch den Mitläufer.

Die Steigerung des Ganzen ist dann Jute im Jutebeutel. Die kulinarisch-vegetarische Weltreise hat in diesem Monat Ägypten als Ziel. An den Urlaub in Ägypten erinnere ich mich gut, an das Essen teilweise. Den Ausflug in die Sahara mit Jeeps, wackelige Fahrt im Sand, Fladenbrot gebacken auf einem heißem Blech, getrockneter Kamelkot als Brennstoff, ein nie wieder so erlebter sternenklarer Himmel, die Milchstraße deutlich sichtbar als Sternenband. Der Besuch von Tempeln in Theben/Luxor, das Tal der Könige, die trockene Hitze, das rote Meer mit wunderschönen Korallen und Fischen, mit riesigen Muscheln, blauen Krabben, die Händler, Papyrus, Wasserpfeifen und Bauchtanzkostüme, eine Fahrt auf dem Nil, die Dattelpalmen und die Menschen. Kulinarisch aber insbesondere an den süßen Nachtisch, an Konafa, Basbusa, Helva, Baklava – ich habe eben einen süßen Zahn. Aber auch das erste Mal Okraschoten gab es in Ägypten.

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An Molokhia kann ich mich dagegen nicht erinnern – eine typische grüne ägyptische Suppe aus Corchorus olitorius – langkapseliger Jute. Ein hoher Schleimstoff- und Eiweißgehalt zeichnet sie aus und, weil die daraus hergestellte Suppe zur Heilung eines Königs genutzt worden sein soll, wird diese auch Königssuppe genannt. Schleimstoffe sind chemisch gesehen Polysaccharide – Vielfachzucker also, die zusammen mit Wasser gallertartige Massen bilden. Das kennen viele wohl eher von Lein- oder Chiasamen, die mit Wasser aufquellen. Diese Schleimstoffe sind auch in der Pflanzenheilkunde seit Jahrtausenden bekannt. Sie wirken regulierend auf die Verdauungsorgane und oft auch entzündungshemmend.

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Grund genug dieses Gericht auszuprobieren. Beim arabischen Supermarkt fand ich tatsächlich tiefgekühlte Mouloukhiyeh-Blätter. Die Zubereitung ist sehr einfach, man braucht lediglich eine gute Gemüsebrühe, Knoblauch und Koriandersamen sowie etwas Öl. Die Blätter sind fast geschmacklos, erinnern vielleicht ein wenig an junge Brennnessel oder Spinat. Dazu gibt es Fladenbrot oder Reis.

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Molokhia – ägyptische Königssuppe/grüne Suppe

für zwei Portionen mit Fladenbrot

  • 400g halb aufgetaute Molokhia-Blätter
  • 1 El Koriandersamen
  • 2 Knoblauchzehen
  • 1 TL Öl
  • 300ml Gemüsebrühe

Die Blätter grob hacken und vollständig auftauen lassen. Ich habe sie noch halb gefroren geschnitten, weil die Blätter schon beim Tauen Schleimfäden bilden und es daher in halb gefrorenem Zustand einfacher ist. Gemüsebrühe zum Kochen bringen, währenddessen Koriandersamen nach Wunsch grob zerstoßen, Knoblauch schälen und fein würfeln. Molokhiablätter in eine hitzefeste Schale oder einen Topf geben. Öl in einer Pfanne erhitzen. Koriander und Knoblauch in das heiße Öl geben und unter Rühren kurz anbraten, bis sie duften. Siedende Brühe über die Molokhia-Blätter geben, Knoblauch und Koriander dazugeben und unterrühren.

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Pide- Fladenbrot

für zwei Portionen zur Suppe

  • 200g Weizenmehl Typ 405 und etwas zum Formen
  • 50g Weizenvollkornmehl
  • 4 g Trockenhefe
  • 5g Olivenöl und etwas für die Schüssel
  • 5g Salz
  • 3g Zucker
  • 180ml lauwarmes Wasser
  • 1/2 Ei
  • 1 EL Wasser
  • 1-2 EL Schwarzkümmelsamen

Aus den Mehlen, Trockenhefe, Zucker, Salz, Öl und Wasser einen feuchten Hefeteig herstellen, gut verkneten. In eine leicht geölte Schüssel geben, mit Frischhaltefolie bedecken und 1,5 h im Ofen (eingeschaltete Lampe) oder an einem warmen Ort aufgehen lassen. Der Teig sollte sein Volumen etwa verdoppeln bis verdreifachen. Den Teig auf eine mit etwas Mehl bestäubte Arbeitsplatte stürzen und zu Fladen formen, dabei möglichst wenig flach drücken, damit das Volumen erhalten bleibt. Auf ein mit Backpapier ausgelegtem Backblech weitere 20 Minuten gehen lassen. Backofen auf 250°C vorheizen. Ei und Wasser verrühren und dünn auf die Teigfladen pinseln. Mit Schwarzkümmelsamen bestreuen und etwa 10 Minuten bei Umluft backen. Ich habe dazu noch ein feuerfestes Schälchen mit Wasser auf den Ofenboden gestellt. Brote herausnehmen und warm zur Suppe servieren.

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Abgespeckt

Zur Top 10 der norddeutschen Küche gehören unbedingt Labskaus, Franzbrötchen, rote Grütze und, neben diversen Fisch- und Krabbenspezialitäten auch Birnen, Bohnen und Speck. Ein leicht süßer Eintopf, perfekt für die Zeit zwischen Sommer und Herbst um dann mit warm gefülltem Bauch ein gutes Buch auf dem Sofa zu lesen oder mit etwas Glück auf dem Balkon.

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Und ohne Speck? Geht das? Klar! Klassische Deutsche Küche enthält auch nicht immer Fleisch, und wenn es doch die vegetarische Variante eines fleischhaltigen Klassikers geben soll, hat man mit Deutschland vegetarisch die beste Hilfe an der Hand. Ein Buch, das ganz wunderbar gestaltet ist und aus dem ich viel zu selten koche, weil viele Gerichte doch mehr Zeit benötigen als das in meinen Tagesplan passt. Mit etwa einer halben Stunde ist man aber um einen Teller Birnen und Bohnen reicher, da kann man nicht meckern!

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Birnen und Bohnen – ohne Speck, mit Kräuterbröseln

für eine Portion

    • 1 kleine Schalotte
    • 1 EL Öl (Olivenöl)
    • 1/2 Lorbeerblatt
    • wenn vorhanden: 1 Zweig Bohnenkraut
    • 1/4 l Gemüsebrühe
    • etwa 150g Kartoffeln
    • 60g grüne Bohnen
    • 2 kleine Kochbirnen (etwa 100g)
    • 60g abgetropfte weiße Bohnen
    • 5-6 Stiele Petersilie
    • Pfeffer, Salz (Rauchsalz)
    • 1/2 TL Weißweinessig
    • 1 Prise Zucker
    • 10g Butter
    • 20g Semmelbrösel
    • 1/4 TL Zitronenabrieb

Öl in einem Topf erhitzen und die geschälte und in Spalten geschnittene Schalotte goldbraun anbraten, In der Zwischenzeit Kartoffeln schälen und in gleich starke Spalten schneiden. Lorbeerblatt und Bohnenkraut zugeben und mit der Gemüsebrühe ablöschen. Kartoffeln zugeben und zugedeckt 10 Minuten kochen lassen. Währenddessen grüne Bohnen putzen, weiße Bohnen kurz abspülen und abtropfen lassen, Birnen waschen, vierteln und das Kerngehäuse entfernen. Petersilie waschen, trocken tupfen und Blätter abzupfen, grob hacken. Grüne Bohnen zugeben, 7 Minuten mitkochen, dann Birnen zugeben und weitere 5 MInuten köcheln lassen. Während dieser Zeit die Kräuterbrösel zubereiten: In einer Pfanne bei geringer Hitze Butter zerlassen und die Semmelbrösel goldbraun darin anbraten, vom Herd nehmen. 1 EL der gehackten Petersilie und den Zitronenabrieb zugeben, salzen, gut verrühren. Zum Eintopf die weißen Bohnen und die Petersilie zufügen, kurz aufkochen lassen, Bohnenkraut und Lorbeerblatt herausnehmen, dann pfeffern und salzen, mit Zucker und Essig abschmecken. Eintopf mit den Bröseln als Topping servieren.

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Späte Liebe

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Für einige Dinge braucht man ganz schön lange im Leben. Zum Beispiel, um zu erkennen, dass Kokosmilch ziemlich lecker sein kann. Dass sich der eigene Geschmack ändert, ist ja nichts Neues. Als Kind mochte ich weder Senf, noch Meerrettich, keine Oliven, geschmorte Paprika waren mir ein Graus und Kokosflocken kann ich bis heute nicht leiden. Die Konsistenz – wie Papier – das geht für mich gar nicht, alles bountyeske bleibt unbeachtet. Dass ich aber das Kokosaroma sehr gern mag, war aufgrund der Abneigung den Flocken gegenüber, viel zu lange unklar. Umso schöner, wenn sich hier kulinarische Aha!-Momente einstellen. Wie auch bei dieser kalten Gurkensuppe, die man zu den verbleibenden warmen Spätsommertagen genießen kann. Kokosmilch und Joghurt machen sie samtig und erfrischend, Ingwer bringt einen Hauch Schärfe und sie ist zum Glück auch ganz fix gemacht!

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Kalte Gurken-Kokossuppe

für eine Portion

  • 1/2 Salatgurke, nach Belieben geschält
  • 125ml Gemüsebrühe
  • 1cm frischer Ingwer, geschält
  • 100g Kokosmilch
  • 40g Naturjoghurt
  • Salz und frisch gemahlener Pfeffer
  • etwas Minze
  • 3-4 Mandeln oder einige Mandelblättchen

Die Gurke halbieren und das Kerngehäuse herauskratzen. Mit einem Kugelausstecher einige Gurkenkügelchen formen. Gurkenbällchen kalt stellen (je nach Wunsch in den Kühlschrank oder in das Eisfach). Die restlich Gurke grob zerkleinern, mit der Gemüsebrühe und dem geriebenen Ingwer pürieren. Durch ein Sieb passieren und gut mit Kokosmilch und Joghurt vermischen, kurz aufschäumen und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Kalt stellen. (Grob in Scheiben geschnittene)  Mandeln in einer fettfreien Pfanne leicht anrösten und zusammen mit den Gurkenbällchen als Garnitur auf die Suppe geben. Ein paar abgezupfte Minzeblättchen zufügen.

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Suppe muss also nicht immer heiß sein, die Zeit kommt auch schon bald wieder! Heiß & kalt ist auch das aktuelle BlogEvent Thema bei Kochtopf und dieses Rezept mein Beitrag dazu. Schaut mal vorbei, bisher sind schon einige schöne Rezepte aufgeführt!

Blog-Event CXII - Heiss & Kalt (Einsendeschluss 15. September 2015)
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Kalt und innig geliebt

Da ist er ja, der Sommer! Fast von jetzt auf gleich, von Aprilwetter auf azurblauen Himmel mit Lämmchenwolken, von Schreibtischlampenbräune zu Bikinistreifen, von Herbstsuppenbauchgefühl zu kalter Gazpacho.

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Und die kommt – entgegen des Klassikers – ganz ohne Gurke aus. Stattdessen greifen wir zum Standarderfrischer in dieser Zeit – der Wassermelone. Reife Tomaten, ein richtig gutes Ciabatta, knusprige Croûtons. Lecker kann so einfach sein! Weil dieses Rezept auch noch schnell zubereitet ist, eignet es sich hervorragend als leichtes Abendessen, aber auch als Mittagspausenmitbringsel oder zum Picknick ist es nicht zu verachten.

Also, ran an den Pürierstab/Blender und los geht’s!

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Wassermelonen-Tomaten-Gazpacho

für eine gute Portion oder zwei kleinere

– 35g Olivenciabatta ohne Kruste oder anderes Weißbrot

– 1 TL Olivenöl

– 1/2 TL Rotweinessig

– Meersalz

– 420g reife Tomaten

– 120g Wassermelone, ohne Schale, ohne Kerne

– 35g Olivenciabatta ohne Kruste oder anderes weißes Brot

– 1 Selleriestange, geputzt

– 1 kleine Schalotte

– 2 EL Olivenöl

– 1/2 TL Rotweinessig

– Meersalz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

– eine Handvoll Basilikum, gewaschen und trocken getupft

– 30ml Gemüsebrühe (original Tomatensaft oder Passata)

Zunächst für die Croûtons den Ofen auf 180°C vorheizen, das Brot in 2-3 cm große Stücke reißen, mit Öl, Essig und Salz in einer Schale mischen und dann in eine heiße Pfanne geben. Etwa zwei Minuten goldbraun anbraten, dann auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech geben und im Ofen weitere 12 Minuten rösten.

In der Zwischenzeit Tomaten häuten und grob würfeln, Melone, Schalotte und Sellerie grob würfeln und mit Tomatenstücken, Brühe, grob zerteiltem Brot mit einem Pürierstab oder im Blender fein zerkleinern. Basilikum, Öl und Essig zugeben, dabei weiter pürieren. Salz und Pfeffer zugeben, untermischen und abschmecken. Kalt stellen.

Die Suppe mit den Croûtons, dem Basilikum und einem Spritzer Olivenöl anrichten.

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Abgeschaut von Ottolenghi

Mensch, der Otto! Was für eine geniale Idee Melone anstelle von Gurke zu verwenden – leicht süß und sämig, erfrischend und mit diesem Brot – wirklich, wirklich gut!