„Ähnliches löst sich in Ähnlichem.“ Diesen Merksatz werden sicher noch viele aus ihrer Schulzeit, genauer aus dem Chemieanfangsunterricht erinnern. Stoffe ähnlicher Eigenschaften lösen sich ineinander. Die Eigenschaft, die hier vornehmlich gemeint ist, ist die Polarität. Darunter versteht man das Vorhandensein von elektrischen Teilladungen in einer Substanz. Ähnlich unpolare Stoffe (ohne überwiegende Teilladungen) lösen sich also ineinander und gleiches gilt ebenfalls für ähnlich polare Stoffe. Das klingt erstmal recht abstrakt und man könnte sich fragen, was dieses Thema auf einem Blog zu suchen hat, das sich insbesondere mit Kochen und Backen beschäftigt.
Das ist relativ schnell beantwortet: Dieses Lösungsverhalten ermöglicht das Herstellen von Extrakten wie wir sie im alltäglichen Leben nutzen oder selbst herstellen. Beim Kochen von Tee oder Kaffee extrahieren wir wasserlösliche Farb- und Aromastoffe, die diesen Getränken ihren jeweiligen Geschmack, Geruch und ihr Aussehen verleihen. Indem wir einige Tropfen Öl zu Möhren- oder Tomatengerichten oder -saft geben (oder eben fetthaltige Milchprodukte, Samen oder Nüsse), sorgen wir nicht nur für die Verbesserung des Geschmacks, sondern tragen auch zur besseren Aufnahme der fettlöslichen Vitamine und anderer Pflanzenstoffe in den Körper bei. Unterschiedliche Polaritäten überwinden wir beim Zubereiten von Dressings (Vinaigrette) und Mayonnaise. Da sich die einzelnen Hauptbestandteile z.B. Essig und Öl bekanntlich nicht mischen, gibt man Lösungsvermittler (Emulgatoren) hinzu, die die Mischbarkeit verbessern. Ein bekannter Emulgator ist Lecithin, das Molekularköchen und Zutatenverzeichnislesern geläufig sein dürfte. Es ist nicht nur in Sojabohnen, sondern auch in Eigelb und Senf enthalten, die ja oft in Dressings u.ä. Verwendung finden. (Lecithin kommt jedoch auch in unserem Körper vor.)
Doch zurück zum Extrahieren von Aromastoffen. Kaffee beinhaltet nicht nur polare, also wasserlösliche Substanzen, die nach dem Aufbrühen in unseren Tassen landen, sondern auch eine Reihe von Stoffe, die sich in unpolaren Stoffen lösen lassen. Dazu gehören einige Vitamine, das Koffein und ein guter Teil der aromagebenden Inhaltsstoffe. Daher ist es möglich, Kaffee-Öl herzustellen. Ich habe für das folgende Rezept zwar fertiges Olivenöl mit Kaffeearoma verwendet, aber auch eine Anleitung zur einfachen Eigenproduktion gefunden.
Die Mousse bekommt durch die Zugabe des Kaffee-Olivenöls ein schönes Aroma, das durch das Kaffeesalzkaramell noch unterstrichen wird.
Schokoladenmousse mit Kaffee-Olivenöl und Kaffeesalzkaramell
für 2-3 Portionen
Kaffeesalzkaramell
- 1 EL geröstete Espressobohnen
- 1/4 TL Salzflocken/Fleur de Sel
- 1 TL Wasser
- 30g Zucker
- 1/2 TL Butter
Die Espressobohnen mit einer Kaffeemühle grob mahlen bzw. mit dem Nudelholz in einem Gefrierbeutel zerkleinern. Backblech mit Backpapier auslegen. Wasser und Zucker in eine beschichtete Pfanne geben und kräftig erhitzen, bis beides vermischt und geschmolzen ist und sich gerade hellbraun färbt. Die Espressobohnensplitter zugeben und durch Schwenken der Pfanne im Karamell verteilen. Die Masse sollte nun schön karamellfarben sein, ansonsten vorsichtig weiter erhitzen. Wenn die gewünschte Bräunung erreicht ist, die Butter und das Salz einrühren und die Masse auf das Backpapier gießen, dabei das Blech gleichmäßig schwenken oder das Karamell mit einem hitzebeständigen Spatel, Löffel o.ä. dünn verteilen. Auskühlen lassen.
Schokoladenmousse mit Kaffee-Olivenöl
- 75g Zartbitterschokolade (72%)
- 33g Zucker
- 2 Eier
- 50ml Kaffee-Olivenöl (von Artefakt)
- 1 Prise Salz
Schokolade grob zerkleinern und über einem Wasserbad schmelzen. In der Zwischenzeit die Eier trennen. Ist die Schokolade nurmehr handwarm, Eigelbe, Salz und 1 TL Zucker mit einem Schneebesen einrühren, dann das Olivenöl gleichmäßig während des Rührens zugeben.
Eiweiße steif schlagen, dabei den restlichen Zucker einrieseln lassen. Zunächst nur 1-2 EL des Eischnees unter die Schokoladenmasse rühren, bis sich alles verteilt hat, dann den Rest unterheben. Portionsweise in Schalen oder Gläser füllen und kühl stellen.
(Verändert nach Thomasina Miers)
Vor dem Servieren etwa 30 Minuten Raumtemperatur annehmen lassen und mit dem Karamell anrichten.
Nun kann man natürlich sagen, das Kaffee-Olivenöl sei kein Wunder. Die Löslichkeit ließ sich, wie oben beschrieben, ja rein chemisch/physikalisch erklären. Aber dennoch verhilft dieses Öl dem Dessert zu einem ganz besonderen Geschmack und das ist natürlich wunderbar.
Insofern ist es kein Wunder, dass ich diesen Nachtisch zum Blogevent Essbare Wunder von Zorra beitragen möchte. Das zweite kulinarische Wunder wird ein regionales – wir bleiben hanseatisch!
Klingt gut, nebenbei danke für die kleine chemiestunde 😊
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😀 Man kann manchmal nicht aus seiner Haut 😉
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Ich komm mal zum Chemieunterricht bei dir vorbei, aber nur wenn du mir die Mousse machst. 😉
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Das lässt sich einrichten 😀
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